Bei einem Hörgeräteakustik-Unternehmen mit zwei 26 km auseinander liegenden Geschäften muss nicht in beiden Geschäften ständig ein Handwerksmeister anwesend sein. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung klargestellt.
Für die Hörgeräteakustik gilt als zulassungspflichtiges Gesundheitshandwerk zwar nach wie vor der Grundsatz der sog. ständigen Meisterpräsenz. Dies bedeute nach Auffassung des BGH jedoch nicht, dass ein Ladenlokal nicht offengehalten werden darf, wenn der Meister im Geschäftslokal nicht anwesend ist. Vielmehr sei ausreichend, wenn Termine mit den Kunden vereinbart würden für Zeiten, in denen der Meister anwesend ist. Unzulässig wäre es zwar, wenn der Meister nur ganz gelegentlich in dem Betrieb zur Verfügung stünde, etwa weil er eine Vielzahl von Betrieben oder weit voneinander entfernt liegende Betriebe zu betreuen hätte. Solange aber – wie im entschiedenen Fall – der Hörgeräteakustik-Meister jeweils den halben Tag in beiden Geschäften zur Verfügung steht und ansonsten ohne weiteres erreichbar ist, sei der Präsenzpflicht Genüge getan.
Eine solche Konstellation sei auch wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar vermittele ein Unternehmen, das eine Dienstleistung anbietet, dem Verbraucher grundsätzlich den Eindruck, dass die Dienstleistung in seinem Geschäftslokal während der Geschäftszeiten für Kunden unmittelbar erbracht werden können. Der durchschnittlich informierte Verbraucher berücksichtige aber, dass es insbesondere dort, wo die Erbringung der Dienstleistung in Form einer Beratung oder Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt, häufig üblich ist, dass eine solche Beratung oder Behandlung auch dann, wenn das Geschäftslokal geöffnet ist, nur nach vorheriger Terminvereinbarung erfolgt. Es sei daher keine Irreführung, wenn die durch einen Meister vorzunehmenden Untersuchungen nur nach Terminabsprache angeboten werden.
Nachdem die Vorinstanzen den Inhaber des betreffenden Betriebes noch zur Unterlassung und Ersatz von Abmahn- und Detekteikosten verurteilt hatten, hob der BGH mit obiger Begründung die Urteile auf und wies die Klage des Mitbewerbers ab.
Urteil vom 17. Juli 2013 – Az. I ZR 222/11
Source: Archiv Przytulla