Der BGH hat mit Urteil vom 10.07.2015 (V ZR 229/14) einige Grundsätze zu etwaigen Beseitigungsansprüchen unter Nachbarn bei Verschattung eines Grundstückes festgelegt. Dem Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstückes gewesen, dass mit einem nach Süden ausgerichteten Reihenhausbungalow bebaut ist. Der Garten der Kläger grenzt an eine öffentliche Grünanlage der beklagten Stadt, auf welcher sehr hohe Bäume angepflanzt sind. Die Bäume selber befinden sich in einem Abstand von 9 bis ca. 10,5 Metern von der Grundstücksgrenze zum klägerischen Grundstück entfernt. Die Kläger haben die Beseitigung der Bäume mit der Begründung, dass ihr Garten vollständig verschattet werde, gefordert.
Der BGH hat das klageabweisende Urteil aus erster Instanz Recht bestätigt. Der für das Nachbarrecht zuständige 5. Zivilsenat des BGH hat klargestellt, dass ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB voraussetzt, dass das Eigentum der Kläger erheblich beeinträchtigt wird. Hieran fehlt es vorliegend, da den Klägern die Benutzung des Grundstückes uneingeschränkt möglich ist. So können nach den Grundsätzen des § 906 Abs. 2 S. 1 BGB („der Eigentümer eines Grundstückes kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen … und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstückes nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt“) bestimmte Einwirkungen auf das eigene Grundstück durch das Nachbargrundstück abgewehrt werden. Allerdings fallen nach der Rechtsprechung des BGH der Entzug von Luft und Licht als sogenannte „negative Einwirkungen“ nicht unter die Regelung des § 906 BGB. Zudem ist vorliegend zu berücksichtigen, dass nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht für stark wachsende Bäume ein vorgeschriebener Grenzabstand von 4 Metern einzuhalten ist. Da vorliegend die betroffenen Bäume sogar deutlich weiter von dem Grundstück der Kläger entfernt lagen, hat das Gericht auch insofern keine ungerechtfertigte Benachteiligung der Kläger gesehen. Folglich hat es auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis die Herleitung eines Beseitigungsanspruches verneint.
Fazit: Der BGH hat mit diesem Urteil klargestellt, dass ein Beseitigungsanspruch wegen stark wachsender Bäume gegen den Nachbarn nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Dies zumindest in dem Fall, in dem die betroffenen Bäume den vorgeschrieben Abstand von 4 Metern zum Nachbargrundstück einhalten, folglich kein Verstoß gegen das nordrhein-westfälische Landesrecht vorliegt. In einem solchen Fall kommt ein Beseitigungsanspruch wegen Verschattung allenfalls dann in Betracht, wenn das Grundstück vollständig von jeglichem Lichteinfall ausgeschlossen ist. Fehlt es an einer ganzjährigen vollständigen Verschattung des Grundstückes, ist im Regelfall ein Beseitigungsanspruch zu verneinen.
Source: Archiv Przytulla