1. Der Fall
Die Klägerin war seit dem 01.02.2014 bei der Beklagten, einem Kleinbetrieb, als Bürokauffrau tätig. Im Unternehmen war die Benutzung der betrieblichen Telefonanlage auch zu privaten Anrufen ohne Bezahlung zulässig. Der Anruf bei kostenpflichtigen Onlinenummern war weder ausdrücklich genehmigt noch ausdrücklich untersagt.
Im Januar 2015, d.h. nach Ablauf der Probezeit, rief die Klägerin in Arbeitspausen mehrfach bei der Hotline eines lokalen Radiosenders im Rahmen eines Gewinnspiels an. Jeder Anruf kostete 0,50 €. Die Telefonrechnung für Januar 2015 wies 34 Einheiten für Sonderrufnummern auf. Die Beklagte scannte die Rechnung, was zu ihren Aufgaben zählte, ohne den Betrag für die von ihr getätigten, privaten Telefonanrufe bei dem Sender / Gewinnspiel mitzuteilen / zu bezahlen. Der Rechnungsbetrag wurde per Lastschrift eingezogen. Als der Geschäftsführer der Beklagten, der zufällig die 34 Einheiten auf der Rechnung bemerkt hatte, die Klägerin darauf ansprach, antwortete sie, sie müsse aufgrund der Einzelverbindungsnachweise herausfinden, wer angerufen habe. Am nächsten Morgen räumte die Klägerin die Anrufe bei der Gewinnspielhotline ein und bot an, die 18,50 € zu erstatten. Drei Tage später kündigte die Beklagte fristlos bzw. fristgerecht.
Das Arbeitsgericht Wesel und das LAG Düsseldorf (Urteil vom 16.09.2015 – 12 Sa 630/15) hielten die fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses für gerechtfertigt; die fristlose Kündigung sei aber nicht angemessen und deshalb aufzuheben.
2. Die rechtliche Frage
a) Hier ging es um die Kündigung in einem Kleinbetrieb. Insoweit greift dann beim Kleinbetrieb, d.h. einem Unternehmen mit 10 oder weniger Vollzeitstellen bzw. umgerechneten Teilzeitstellen, der Kündigungsschutz nach den KSchG nicht. Der Arbeitgeber ist insoweit relativ frei, eine Kündigung auszusprechen. Diese kann nur sehr eingeschränkt im Hinblick auf völlig unverhältnismäßige oder willkürliche Verhaltensweisen überprüft werden.
b) Die fristlose Kündigung nach § 626 BGB ist nur zulässig, wenn hier dem Betrieb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin wegen deren Verhaltens unzumutbar geworden wäre.
Diese berief sich – so kann man es der bisherigen Veröffentlichung entnehmen – darauf, dass bei der Beklagten keine feststehende Regelung zur Benutzung der betrieblichen Telefonanlage vorhanden war. Allerdings muss man auch sehen, dass der Arbeitgeber sicherlich keine Zusatzkosten eingehen will, wenn diese durch kostenpflichtige Anrufe ausgelöst werden. Insoweit ergibt sich bei vernünftiger Abwägung der wechselseitigen Interessen, dass nicht ernsthaft der Arbeitgeber noch ein Gewinnspiel eines Mitarbeiters / einer Mitarbeiterin finanzieren will und von vornherein derartige Telefonate mit Zusatzkosten „untersagt“ waren.
Spätestens als die Klägerin, die ja von alledem wusste, durch den Geschäftsführer befragt wurde, hätte ihr klar sein müssen, dass sie zahlungspflichtig war. Demgemäß hätte man ihr Verhalten auch als versuchten Betrug durch Unterlassen werten können. Das LAG und das ArbG gingen allerdings davon aus, dass hier dem Arbeitgeber – trotz des Verschweigens der Klägerin – eine weitere Zusammenarbeit mit der Beklagen zumutbar gewesen wäre, aber auch nur bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist. Diese war hier wegen der erst kurzen Beschäftigungsdauer dann auch nur – bei unterstellter, gesetzlicher Kündigungsfrist – vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.
3. FAZIT:
Diese Entscheidung des LAG Düsseldorf muss man differenziert betrachten.
– Das LAG Düsseldorf hat ausdrücklich festgestellt, dass die Anrufe in den Pausen getätigt wurden, d.h. kein Arbeitszeitbetrug vorgelegen habe. Nimmt ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Aufgaben oder Tätigkeiten war, die eindeutig dem Privatbereich zuzuordnen sind, kann der Eindruck eines sogenannten Arbeitszeitbetruges entstehen. Dies kann dann auch ein Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.
– Die Nutzung dienstlicher Geräte / Gerätschaften ist nur mit Erlaubnis des Arbeitgebers zulässig. Dies stellt aber keinen „Freifahrtschein“ dar, ohne ausdrückliche Einwilligung in jedem Fall Gebrauch zu machen. Insbesondere wenn diese Nutzung des Gegenstandes weitere Kosten auslöst, ist äußerste Vorsicht geboten. Nimmt man die Situation in jenem Büro, wird man sicherlich sagen können, dass ein oder zwei private Anrufe zulässig waren. Die Klägerin hätte aber wissen müssen, dass sie nicht noch zusätzliche Kosten auslöste.
Wer darauf angesprochen wird, muss natürlich auch wahrheitsgemäß Bericht erstatten.
Wer als Arbeitgeber die private Nutzung gestattet, muss dafür klare Grenzen setzen. Dies geschieht am Besten durch eine Mitteilung an die Beschäftigten und / oder einen Aushang am schwarzen Brett. Bei einem Betriebsrat im Unternehmen sollte hierzu eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden. Damit schafft man klare Linien.
Jedenfalls ist eine „Selbstbedienung“ unzulässig.
Diese Thematik ist auch erläutert im Urteil des BAG v. 16.07.2015, 2 AZR 85/15, auf dieser Webseite Nr.
Source: Archiv Przytulla